Verein der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit e.V.

Geschichte einer Flucht

Mehrere Kilometer haben wir mit der zerbrochenen Fensterscheibe gefahren, die Glasscherben fielen runter, es war sehr kalt.

Wir waren halb bewusstlos vor Müdigkeit und Stress, zitternd von der Kälte und enormer Menge von Cortisol und Adrenalin im Blut. Kleine Kinder im Zug waren still wie Mäuschen, niemand weinte, niemand spielte, sogar Babys nörgelten nicht, ob sie erkannt hätten,dass alle im Gefahr sind und  sie sollen ruhig bleiben.  Stundenlag im Dunkeln, ohne Essen und Trinken.

Das Schuldgefühl, dass ich meiner Tochter das angetan habe, dass sie unter solchen Umständen fliehen muss, war unerträglich.

Mit meiner Tochter im Rollstuhl war für uns nicht möglich in Luftschutzbunkern zu verschanzen, wir mussten aus unserer Stadt fliehen. Die Sirenen waren so laut, dass eine meine Freundin, der seit seiner Kindheit taub ist, hat sie gehört…

Leute vom Lemberger Seminar brachten uns zu sich, gaben uns zu essen und gaben Nastya die Möglichkeit, Windeln zu wechseln. Sie fanden einen Fahrer, er fuhr  uns zur Grenze und bei jede Kontrolle darum bat, uns schnell durchzulassen, weil Nastya  wegen lange Zeit im Rollstuhk  schon starke Schmerzen hatte.

Die Polen waren alle Grenzbeamten und Volontare in dem Flüchtlingslager sehr freundlich und hilfsbereit.  Ein Polizeiauto brachte uns dahin, wir könnten dort essen, duschen, und Nstya könnte sogar eine Stunde schlafen.

Die Volontarin Olga hat einen Freiwilligen gefunden, der uns mit einem Minibus an die Grenze zu Deutschland brachte, wo eine „ Freundin aus dem Internet“ und ihr Ehemann uns abgeholt haben. Seit dem ersten Tag des krieges haben wit telefoniert, weil sie  sich Sorgen um uns hatten…  Nun sind  wir in Hamburg, alle Schrecken liegen hinter uns. Am Anfang habe ich noch viel geweint, aber ich kann mittlereweile wieder frei atmen: Nastya ist in Sicherheit, wir müssen nicht mit dem Gesicht auf dem Boden liegen und dir die Ohren zuhalten, um die Sirenen und die Kampfjets nicht hören …

Ich kann nicht verstehen, warum der verrückte Zwerg beschlossen hat, Frauen, alte Leute, Kinder zu töten? Wie können Russen schlafen, das Ganze , was passiert, befürworten?

Mein Herz bricht vor Stolz für die ukrainischen Verteidiger und Zivilisten, für alle, die in diesen Tagen in der Ukraine sind. Danke an alle, die ukrainischen Kriegsvertriebenen helfen. In Hamburg schon in der ersten Nacht hat Nastya ruhig geschlafen., ich wache auf, weine, bete und schlafe wieder ein. Das Bewusstsein versucht, die Erfahrung zu verdrängen, und nur die Geräusche fliegender Flugzeuge kehren in völliger Dunkelheit wieder zurück …